Freitag, 30. Juni 2023

Oma


Irgendwo zwischen gestern und heute,

irgendwo zwischen Realität und Fantasie

tauchen Bilder von dir auf,

Erinnerungen vielleicht oder reines Wunschdenken.

Wer weiß das schon so genau.

Höre deine Stimme, du erzählst die alten Geschichten.

Es ist so lange her, damals saß ich bei den Kindern,

hörte dir zu, ließ mich wie die anderen auch,

von dir in eine ferne Welt entführen.

 

Hatte all das fast vergessen,

du warst mir so fremd geworden,

wir hatten uns nicht mehr viel zu sagen,

du lebtest immer in deiner eigenen Welt,

du sahst in allem immer nur das Gute,

für mich viel zu weit weg von der Realität.

 

Doch jetzt…

 

Irgendwo zwischen gestern und heute,

irgendwo zwischen Realität und Fantasie

tauchen Bilder von dir auf,

Erinnerungen vielleicht oder reines Wunschdenken.

Sitz in deiner alten Küche,

kann noch den Duft von Pfannkuchen riechen

und weiß doch,

nie wieder werden Kinder sich in deiner kleinen

vom Rauch des Herdes grau gefärbten Küche,

um den letzten Pfannkuchen streiten,

so wie wir es als Kinder getan haben.

Nie wieder werden Kinder deine alten Geschichten hören

und sich von dir in eine ferne Welt entführen lassen.

 

Irgendwo zwischen gestern und heute,

irgendwo zwischen Realität und Fantasie

tauchen Bilder von dir auf,

Oma.

 

 

 

September 2022, Textverzeichnis D, Text 22, Ines Peters

Dienstag, 27. Juni 2023

Freundin

 Ich hab dir vertraut, wie keiner sonst.

Ich hab dir geglaubt, wäre nie darauf gekommen,

das du ein falsches Spiel spielst,

das du zwei Gesichter hast.

Und jetzt steh ich hier und der Scherbenhaufen vor meinen Füßen

ist der jämmerliche Rest von meinem Leben,

du kannst ihn haben, ich schenk ihn dir.

 

 

 

Dreh mich um und geh, wenn ich auch nicht weiß wohin.

Es ist alles gesagt, nichts mehr zu retten,

hier werd ich niemals bleiben.

 

 

 

Ich hab dir vertraut, wie keiner sonst.

Ich hab dir geglaubt, wenn ich dir alles von mir erzählte,

hätte ich nie gedacht, dass du mich verrätst,

warst doch meine beste Freundin.

und jetzt stehst du hier und der Scherbenhaufen vor deinen Füßen

ist der jämmerliche Rest von meinem Leben,

du wolltest es doch haben, jetzt schenk ich es dir.

 

 

 

Dreh mich um und geh, wenn ich auch nicht weiß wohin.

Doch auf jede dunkle Nacht folgt ein neuer Tag,

nenn mich nie wieder Freundin.

 

 

 

Ich hab dir vertraut, wie keiner sonst.

Ich hab dir geglaubt, wäre für dich durchs Feuer gegangen,

sah die Alarmzeichen viel zu spät,

schlug sie alle in den Wind.

Und jetzt stehen wir hier und der Scherbenhaufen vor unseren Füßen

ist der jämmerliche Rest von meinem Leben,

wünsch dir Glück damit, ich schenk ihn dir.

 

 

 

Dreh mich um und geh, wenn ich auch nicht weiß wohin.

Doch auf jeden Regentag folgt Sonnenschein,

das hab ich gelernt.

 

 

 

 

Oktober 2007, Textverzeichnis C, Text 40, Ines Peters

Montag, 5. Juni 2023

Zu spät

Als der Anruf kam, hab ich noch gehofft,

dass es diesmal nicht so schlimm ist.

Doch das erste Wort macht mir klar,

dass es nur ein Wunsch ist,

der nicht Erfüllung geht.

Auf dem Weg zu dir, frag ich mich,

was kann ich noch sagen, was kann ich noch tun,

um dich zu erreichen, dir klar zu machen,

dass das was euch beide verbindet,

vieles ist, aber ganz bestimmt keine Liebe.

Hab es schon so oft versucht und es nie geschafft,

dass du aufwachst und die Wahrheit erkennst.

 

 

Sieh mich an, sieh mir in die Augen

und sag mir, dass du glücklich bist.

Sieh mich an, sieh mir in die Augen

und sag mir, dass Du schon als Kind

von genau diesem Leben in Angst geträumt hast.

Sieh mich an, sieh mich doch endlich an.

 

Und jetzt steh ich hier in diesem kalten weißen Raum

und frag mich warum?

Wünsch mir, ich könnte dir sagen;

 

Sieh mich an, sieh mir in die Augen

und sag mir, dass du glücklich bist.

Sieh mich an, sieh mir in die Augen

und sag mir, dass Du schon als Kind

von genau diesem Leben in Angst geträumt hast.

Sieh mich an, sieh mich doch endlich an,

doch es ist zu spät!

 

 

 


Juni 2023, Textverzeichnis D, Text 39, Ines Peters